23 Uhr, ich sitze gemütlich vor der Glotze, als es bei uns Sturm schellt. Alarmstufe Rot, unser Keller ist vollgelaufen. In Erwartung der schlimmsten Katastrophe ziehe ich mich an, um der Hausgemeinschaft zivilisiert unter die Augen treten zu können. Dem Schellen und dem panischen Rufen nach zu urteilen, erwartete ich beim Öffnen der feuerfesten Kellertür, dass mir Wassermassen wie beim Untergang der Titanic entgegen schwappen würden. Also öffnete ich zu allem bereit die Kellertür und war echt schockiert. Mit dem Ausmaß der Katastrophe hatte ich nun wahrlich nicht gerechnet. Das Wasser im Keller war vielleicht so viel, als wenn jemand einen Wassereimer umgekippt hätte. Fast alle Hausbewohner standen mit ihren Aufnehmen, Abzieher und Schrubbern da, um die Sauerei zu beseitigen. Man nötigte mich dazu, meinen Keller zu öffnen, weil man darin auch Wasser vermutete. Aber mein Keller war trocken, während die anderen Wassereinbruch verzeichnen mussten. Warum mein Keller verschont blieb? Ich hatte das Fenster verschlossen. Dafür war mein Balkon vollgelaufen und ich musste bei strömenden Regen den Abfluss freimachen. Das Regenwasser war kalt, es kam sogar durch das geschlossene Badezimmerfenster und bescherte mir ein ungewollte Fußbad. Meine Mama ist vor Angst fast durchgedreht und erst, als ich sie im Arm hielt, hat sie sich wieder beruhigt. Vor ihrem Schlaganfall wäre sie souverän mit der Sache umgegangen, aber heute sind alle Veränderungen angsteinflössend für sie und am Ende ist sie damit überfordert. Übrigens, es gibt Menschen, die müssen sich stetig in Erinnerung bringen, aus Angst man könnte sie vergessen. Mein Nachbar unter mir gehört in diese Kategorie von Menschen. Macht er mich doch im Keller an, ich hätte ihm ein Glasflasche auf den Balkon geworfen. Erstens warum sollte ich soetwas tun und zweitens, ich kann nicht so gut werfen. Dazu kommt, dass wir im Dachgeschoss wohnen und ein Teil des Daches den Balkon von ihm überdeckt. Meine Beleuchtung auf dem Balkon ist dazu noch vollständig und ausserdem aus Kunststoff. Aber Hauptsache erst mal wieder ein Fass aufmachen. Er hat es auch untersagt, dass meine Mama ein Treppenlift bekommt, hat bei der Abstimmung alle Hausbewohner gegen mich aufgebracht. Alles nur, weil er und meine Eltern im Klinch lagen. Mein Stiefvater ist nun 21 Jahre tot, aber trotzdem werden bei jeder Gelegenheit diese Dinge neu aufgewärmt. Ich wünschte, irgendwann rächt sich das Schicksal an diesem Querulant. Ach ja, um 23:10 saß ich wieder vor der Glotze, während der Rest der Hausgemeinschaft tapfer gegen die Wassermassen ankämpften. Tja, wer seine Fenster bei Regen nicht schließt, darf sich hinter her nicht über zusätzliche Arbeit beschweren. Mein Mitgefühl geht an die Menschen, die durch das Wasser Hab und Gut verloren haben, während bei uns alles nur Sturm im Wasserglas war und keine Schäden entstanden sind.
Alarmstufe Rot
Uncategorised Posted on Do, Juli 15, 2021 15:05- Kommentare(0) https://blog.bottropbaer.de/?p=423