Eine hektische Woche mit einem versöhnlichen Abschluß liegt nun hinter mir. In den letzten Tagen ging noch einmal so richtig die Post ab. Allein der letzte Arbeitstag der Woche hatte es mal wieder besonders in sich – Weihnachten kommt für manche immer so plötzlich und unerwartet. Diesen Eindruck vermittelte so mancher endgeschädigte Anrufer, der mal eben kurz seinen Container abgeholt haben wollte, der ja erst seit drei Monaten bei ihm stand. Aber Weihnachten, da musste er plötzlich ganz dringend weg. Ganz schnell sogar. Manch einer hat uns Abends die Mailbox vollgequatscht hat und als wir ihn zurückrufen wollten, war er nicht erreichbar. Also konnte es doch nicht so wichtig, so eilig, gewesen sein. Auch die Kollegen ließen sich vom Streß, der von außen in unsere Firma getragen wurde, anstecken. Selbst Mitarbeiter, die man sehr selten austicken sieht, liefen mit einer Leidensmiene herum, die die Milch sauer werden ließ. Aber am Abend war alles vergessen und selbst diejenigen, die an diesem Samstag die Ehre zuteil wurde, Arbeiten zu dürfen, waren heute mittag bei einem Stück Torte und einem Brötchen auf der Hand wieder ausgeglichen, wieder gut drauf. Die Aussicht auf ein paar freie Tage zum entspannen und erholen, entschädigte für so manchen Knatsch und Streit. Am Ende hatten wir uns alle wieder lieb …
In den letzten Tagen habe ich sehr viel gegrübelt. Über den Sinn des Lebens – mal wieder. Mit dem Ergebnis, dass du dein Leben lang in einer Tretmühle steckst. Mindestens zehn Stunden am Tag bist du in der Firma, eine Stunde täglich verbringst du im Auto, der Rest geht für Haushalt, Freizeit und schlafen drauf. Dazu gesellte sich noch die Diskussion mit meinem Kollegen über den Teuro, denn das wir damals bei der Währungsunion über den Tisch gezogen wurden, bestreitet sicherlich heute keiner mehr. Oder hätten Sie damals für einen Roman 60,00 DM ausgegeben? Oder 40.000 DM für einen Corsa? Eher nicht. Noch immer rechne ich um, was sicherlich nicht falsch sein mag, auch im Jahre elf nach Euroeinführung zum 01.01. 2002.
Um gutes Geld verdienen zu können, um sich einen gewissen Lebensstandard leisten zu können, muss man einen guten Job haben. Dies setzt wiederrum eine gute Ausbildung voraus, die man nur dann erreichen kann, wenn man vorher ein grundsolide Schulbildung genossen hat. So stehen schon unsere Kinder unter Leistungsdruck, unter denen viele von ihnen zusammenbrechen. Freizeit, Freunde, Hobbys bleiben auf der Strecke, weil sie viel Zeit für ihre Zukunft investieren müssen. Lernen, lernen und nochmals lernen. Andere Kinder wiederum fliegt alles zu, sie sind ehrgeizig, nicht nur in der Schule, sondern auch im Sport und schaffen es, Schule und Freizeit unter einen Hut zu bekommen.
… und dann gibt es diejenigen, die dürfen gar nicht erst erwachsen werden. Wie viele Kinder sind in diesem Jahren durch Mörderhand gestorben. Da war der Mörder nicht ein Fremder, sondern die eigenen Eltern, der Lebensgefährte der Mutter und immer wieder stellt sich im nachhinein die Frage nach dem „Warum?“. Wieso löschen Familienväter ihre Familie aus, warum läßt eine Mutter zu, dass ihre zweijährige Tochter gequält wird? Was geht in den Köpfen dieser Menschen vor?
Darauf gibt es keine Antwort und solange wir auch suchen, wir werden niemals das finden, was uns befriedigt, unsere Wut abkühlt. Wir sind fassungslos, wenn wieder eine dieser schrecklichen Nachrichten im Radio oder Fernsehen verlesen werden. Wo bleibt der Sinn des Lebens?
Frauen wollen keine Kinder mehr bekommen, weil dieses Land kinderfeindlich ist, sie haben Angst, wenn sie wieder arbeiten gehen, dass sie als Rabenmütter betitelt werden. Wenn man Kinder in die Welt setzt, kommt man näher an die Armutsgrenze. Gibt es nicht schon genug Menschen, die in Armut leben, genug Kinder, die in Armut aufwachsen? Immer mehr Menschen müssen sich von der Tafel ernähren, viele Kinder kommen morgens mit knurrenden Mägen in die Schule, bei manchen reicht es nicht mal mehr für vernünftige Kleidung und andere leben im Überfluß. Wer arm ist, dem ist der Weg meist schon vorgezeichnet, denn die dort oben wollen unter sich bleiben und sie legen dem von unten jeden Stein, jeden Kiesel in den Weg, damit der Aufstieg in ihre Liga so erschwerlich wie möglich ist. Kein Wunder, dass es immer mehr Generationen von Hartz IV gibt. Die Eltern leben es vor, viele sind gar nicht mehr in der Lage Ihren Tag zu strukturieren, Termine einzuhalten oder Abläufe zu planen. Ihr Leben wird teilweise vom Fernsehen bestimmt. Vom Hartz IV-TV bis zur Endlosserie. Und die Kinder bekommen das vorgelebt. Warum soll ich denn Leistung bringen, am Ende erreiche ich doch nichts mit meiner Anstrengung. Meine Eltern sind das beste Beispiel und schon sind wir wieder in diesem Kreis, der sich immer schneller zu drehen scheint. Ausbrechen schaffen nur wenige …
Den Sinn des Lebens werden wir nicht finden, jeder hat eine andere Meinung dazu und wird beim nachdenken zu einem anderem Ergebnis kommen. Die Schwerpunkte, die der einzelne für sein Leben setzt, sind so grundverschieden, wie wir Menschen selber.
Diese Gedanken begleiten mich meist zur Weihnachtszeit, dann, wenn die Spendenbriefe die Briefkästen füllen, Wohltätigkeitssendung auf allen Kanälen laufen und man nur die Zeitung nur aufschlagen braucht und von Paketaktionen und Geschenkbäumen für Kinder ließt. Aber es gibt Hoffnung, denn immer mehr Menschen beteidigen sich, denken an die Armen, an die schwächsten Mitglieder unser Gesellschaft. Ist das nicht der Geist von Weihnachten? Dem anderen zu helfen, etwas von seinem Besitz abzugeben, zu teilen?
In diesem Sinne wünsche ich allen ein frohes und friedliches Weihnachtsfest.