Fast ein halbes Jahr ist nun seit meinem letzten Eintrag vergangen. Ich habe ja bereits eingestanden, dass ich in der letzten Zeit sehr stiefmütterlich mit meiner Seite umgegangen bin. Ich hatte einfach keine Lust zwischen dem Stress in der Firma und der knapp bemessenen Freizeit mich auch noch um meine Homepage zu kümmern. Ich weiß, ich bin ein schlechter Administrator. Aber ich bin dazu auch noch ein Mensch mit schlechtem Stil. Das jedenfalls hat man mir vorgeworfen, als ich von Abschied und Kündigung sprach. Aber alles der Reihe nach…
Im letzten halben Jahr ist wirklich viel passiert. Im Sommer, als bei uns Personal durch Urlaub und Krankheit knapp wurde, da war ich nicht nur gefragt als Disponent, sondern auch die Person, die Sondernutzungsgenehmigungen beantragte und noch Aufträge anlegen durfte. Es hat keiner gefragt, wie ich das mit den anderen Aufgaben vereinbare. Ich habe es einfach gemacht. Bin morgens eher als üblich zum Dienst erschienen – meistens zwanzig nach sechs und bin abends mit den letzten Kollegen – gegen halb sieben oder manchmal auch später – gegangen. Das dies nicht spurlos an mir vorbeigegangen ist, muss ich keinem erzählen. Immer wieder kamen neue Aufgaben hinzu und irgendwann habe ich einfach dicht gemacht. Es ging nicht mehr, es schlichen sich Fehler ein und es haperte an der richtigen Kommunikation. Wir redeten aneinander vorbei, wahrscheinlich nicht erst seit August, sondern schon eine ganze Weile länger. Am Ende kam es so, wie ich es eigentlich vorausgesehen habe – ich war an allem Schuld. Kaum waren alle Mitarbeiter wieder an ihren Arbeitsplätzen, hat man mich entmachtet. Erst nahm man mir die Berechtigung, um Aufträge anzulegen, danach die Erstellung der Entsorgungsnachweise und die Schadensfälle. Wie es der Teufel so wollte, hatten wir in diesem Jahr viele Schadensfälle, vor allem kaputte Zäune, Gehwege und Gehwegplatten, die gebrochen waren oder einfach nur beschädigt wurden. Es war ein außergewöhnliches Jahr und die Geschäftsleitung wollte das so nicht mehr akzeptieren. Ihr gutes Recht! Ebenso die Ordnungswidrigkeiten wegen Containergestellung. Die Stadt Herne hatte ein Auge auf uns geworfen und dort, wo man früher ohne Sorge hätte Container aufstellen können, kam nun das Ordnungsamt und schrieb Anzeigen, weil die Stellgenehmigung fehlte. Die Zuverlässigkeit der verantwortlichen Personen in Gefahr, wurde der Druck auf Dispo und Fahrer erneut erhöht und bei Fehlverhalten mit Abmahnung gedroht. Gesundheitlich angeschlagen, ging ich zum Arzt und der äußerte seine Besorgnis, dass ich ein Burn-out-Kandidat wäre. Er veranlasste eine Blutuntersuchungen, um andere Ursachen auszuschließen und ich berichtete in der Firma von der ersten Diagnose des Arztes. Burn out – das ging gar nicht und jede Firma, in der diese Krankheit auftritt muss sich hinterfragen, was da falsch gelaufen ist. Ich bat zwar drum, die Dinge bis zu den Ergebnissen der Blutuntersuchung auf sich beruhen zu lassen, aber ehe ich mich versah, nahm man mir alle Verantwortung ab, um mich zu schützen. Dafür stellte man mich an Waage 1, weil ich dort besonders sicher bin und gut aufgehoben. Dort gibt es kein Stress, alles easy, so 150 – 200 Verwiegung, dazu die Telefonzentrale. Wäre ich jetzt wirklich ein Burn-out Kandidat gewesen, wäre ich schreiend rausgelaufen! Das mit dem Schutz des Mitarbeiters wäre in dem Zusammenhang nämlich so zu vergleichen, als wenn ich einem selbstmordgefährdeten Menschen eine Waffe in die Hand drücke und sage, er solle auf sie aufpassen. Was am Ende dabei herauskommen könnte, sollte jedem klar sein. Aber okay, ist ja nix geschehen. Nun kamen die Ergebnisse und siehe da, nicht Burn out, sondern Schilddrüsenunterfunktion! Hat die gleichen Symptome, kann halt nur durch Zuführung von Medikamenten behandelt werden und der Patient wird nach kurzer Zeit, wenn die kleinen Pillen anschlagen, seine alte Form zurückerhalten!
Nun muss ich einwerfen, alle Moppel sagen, sie hätten ein Problem mit der Schilddrüse und deswegen würden sie auseinandergehen wie Hefekuchen. Das es am Essen liegt, würden die Wenigsten zugeben.
Ironie des Schicksals, würde ich sagen. Seit dem ich bei meinem Containerdienst mit dem eierlegenden Hahn angefangen habe, legte ich tatsächlich über 50 kg zu. All das, was ich mir in den letzten Jahren im Westerwald hart abtrainiert hatte, war wieder drauf und gleich als Zugabe noch ein Schüppchen mehr. So als hätte man mich beim Metzger gefragt, darf es etwas mehr sein. Geschnitten oder am Stück und ich habe laut „Ja“ gerufen. Man nennt es auch den Jojo-Effekt oder ich sage einfach nur Frustfressen dazu. Da hat sich aber auch in den letzten Jahren seit meiner Rückkehr eine Menge an Frust aufgestaut. Wäre ich ein Stausee, man müsste langsam damit beginnen, Wasser abzulassen.
Unschuldig bin ich an der ganzen Situation aber nicht. Ich war von Anfang an nicht zufrieden in dem Unternehmen und diese Unzufriedenheit hat sich einmal mehr durch schlechte Laune und durch die Gewichtszunahme gezeigt. Hast du Sorgen und Probleme, dein Kühlschrank hat immer Zeit für dich. So ist das im Leben. Die einen haben noch nicht mal die Butter fürs Brot und ich sterbe eines Tages an Herzverfettung. Ja, dass Leben ist echt grausam und steckt doch voller Ironie und Selbstverarschung.
Aber nun ist es klar, ich habe schon lange diese Schilddrüsenunterfunktion und die hat einfach nur den Prozess des Verfettens beschleunigt. Und nun treffe ich mit meinen Problemen und meinen Übergewicht auf meinen Chef und der hat richtig viel abgenommen und versucht mir nun mit Druck sein neues Lebensgefühl einzutrichtern. Also um mich zu schützen, nimmt man mir alle Aufgaben weg, ich sitze zwischenzeitlich allein in meinem Container an Waage 2, die Welt zieht an mir vorbei und ich fühle mich wie ein Waggon auf dem Abstellgleis. Ein Tag kann lang werden und nachdem ich wegen einer Dummheit einer dritten Person auch noch die gelbe Karte bekommen habe, stand der Entschluss für mich fest, ich haue endgültig in den Sack und breche meine Zelte ab. Außerdem kam mein Chef immer wieder auf neue Ideen, wie z.B. mich in ein Fitnessstudio schicken zu wollen oder halbtags unter das Schleppdach, um dort Müll zu sortieren. All das hat mit dafür gesorgt, dass mir mein morgendlicher Weg zur Arbeit immer schwerer fiel. Und dazu die langen Arbeitszeiten. Am Ende war das mit dem Schleppdach und dem Müll nur ein Scherz, wie mein Chef später eingestehen musste. Komische Art von Humor, die er an den Tag legte. Kam sehr überzeugend rüber. Der Frust saß jedenfalls sehr tief und nach dem ich viele Stellenangebote bekommen hatte, allerdings alle nur weit vom Ruhrgebiet entfernt, kam mir dann irgendwo das Angebot der Fa. Drekopf sehr gelegen. Es ging danach eigentlich recht schnell. Mittwochs die Anfrage, Samstags das Informationsgespräch, Dienstag wurde mir der neue Arbeitsvertrag von meinem Vorgesetzten persönlich daheim vorbeigebracht. Mich hatte man zwischenzeitlich zur Filiale Bochum abgeschoben, um dort eine Urlaubsvertretung zu übernehmen und das war für mich der letzte Tropfen, der das Fass zum überlaufen brachte. Schon vor Beginn des Informationsgespräches war mir klar, es war für mich die letzte Chance noch die Kurve zu kriegen. Denn wenn es so weiter gegangen wäre, garantiere ich, hätte es in irgendeiner Form ein böses Ende genommen. Dieser Druck war zwischenzeitlich unmenschlich geworden, für jede Kleinigkeit war man der Blitzableiter. Bekam man den Auftrag Schilder zu entwerfen, und waren die nicht gut genug, entsprachen nicht den Vorstellungen, gab es auf die Fresse. Mogelt sich ein Kunde an uns vorbei, besucht erst einen Kollegen im Container und fährt dann eigenmächtig entgegen unserer Ablehnung, statt das Gelände wieder zu verlassen, direkt zum neuen Büro vom Chef, obwohl dieser einen Termin hatte und wir keinen durchlassen sollten. Wer bekommt wieder die Abreibung? Sie wissen schon wer. Viele kleine Nadelstiche von Kollegen, die sich plötzlich zu höherem berufen fühlten und Umstrukturierungen im Unternehmen sorgten letztendlich mit dafür, dass ich gerne gegangen bin.
Donnerstag habe ich also per Telefon dem Sekretariat mitgeteilt, nach dem man mich fragte, warum ich nicht zur Weihnachtsfeier komme – ach, die ist ja heute – dass ich kündige und die Kündigung mit der Hauspost zustellen würde.
Erst dachte man an einen schlechten Scherz, aber in diesen Dingen beliebe ich keine Scherze zu machen. Dafür ist die Angelegenheit viel zu ernst. Tja, und das war der schlechte Stil, den man mir vorwirft. Das man mich oft verarscht und mir falsche Hoffnungen gemacht hat, ist kein schlechter Stil. Spricht von Betriebsleitung und Abfallbeauftragten und am Ende ist man nix anderes, als der Depp vom Dienst. Bekommt jemanden vor die Nase gesetzt, der 18 Jahre jünger ist und dem man gerne hilft, die richtige Rechtschreibung anzuwenden und bei wichtigen Dingen, die passende Formulierung zu finden. Er ist der verlängerte Arm der GF! Menschlich hat es jedenfalls gepasst, seine Idee war es, ich sollte seine rechte Hand werden, denn wir hatten beide gute Einfälle. Aber trotzdem saß der Stachel der Enttäuschung sehr tief, stetig übergangen worden zu sein. Nun ja, am Abend um fünf an diesem Donnerstag im November (21.) tauchte dann mein Chef und sein Betriebsleiter auf, mit der Begründung nicht wegen mir, sondern wegen Beschwerden der Nachbarn vorbeizuschauen. Nee, iss klar… Schlüssel abgegeben, Signaturkarte weg, Firmenjacke habe ich erst einmal behalten, weil es nicht nur kalt draußen war, sondern weil er sie mir geschenkt hatte. Aber am Ende habe ich sie dann am Montag gereinigt abgegeben, weil er sein Geschenk zurückhaben wollte. Er mochte es nicht, wenn ich weiter mit einer Firmenjacke herumlaufen. Und was ist mit den 10 T-Shirts, vier Polohemden und sechs Sweater, die ich mit dem Firmenaufdruck gekauft habe? Aber keine Sorge, das Emblem der Firma ist überklebt und so kann ich die Kleidungsstücke auch bei meinem neuen Arbeitgeber oder in der Freizeit auftragen.
Da ich also zur Konkurrenz wechsel und man Angst hatte, dass ich eventuell irgendwelche Dinge verraten könnte, erfolgte die Freistellung! Der schlechte Stil hatte am Ende von mir aus taktische Gründe. Mit Beginn des Monats Dezember hatte ich sowieso Urlaub, denn den habe ich mir bis zum letzten Tag aufgespart. Ich war immer davon überzeugt, im Januar mache ich was neues. Irgendwie hatte ich das seit September im Blut. Nur was, dass wusste ich bis dato nicht. So habe ich mir ein paar zusätzlich freie Tage herausgeholt und ehrlich gesagt, in der Niederlassung Bochum bin ich sowieso nicht glücklich geworden. Die Klientel ist schon schwieriger als an der Waage in Herne. Da übernehme ich lieber freiwillig Waage 1, aber da wollte man nicht haben. Hätte, wenn und aber – vielleicht wäre meine Entscheidung anders ausgefallen, wenn man mich nicht stetig wie eine Schachfigur hin und hergeschoben hätte. Wer weiß? Letztendlich konnte ich manche Entscheidung nicht mehr nachvollziehen.
Nach der Vertragsunterschrift bei meinem neuen Arbeitgeber war das plötzlich so, als wäre ein Rucksack mit zentnerweise Steinen von mir abgefallen und ich fühlte mich irgendwie frei. Dieser Zustand hält noch immer an und ich gebe ehrlich zu, ich freue mich auf meine neue Herausforderung. Da bin ich dann nur Disponent und nicht mehr Arsch vom Dienst, mit dem machen kann, was man will. Außerdem endlich zivile, geregelte Arbeitszeiten. Das ist der Unterschied zwischen einem großem Unternehmen und einem mittelständischen Familienbetrieb.
Es war trotz allem eine lehrreiche Zeit für mich. Mehr aber auch nicht. Ich habe gelernt, dass man nicht mehr auf Versprechen bauen darf. Da ich alles negativ gesehen habe und damit meistens Recht behalte, passte ich irgendwie nicht ins Konzept der Firma. Sagen wir mal so – für beide Seiten war es ein Missverständnis, dass immerhin 2,5 Jahre gedauert hat, bis ich dieses korrigieren konnte. Es muss ein bestimmter Schlag Mensch sein, der in diese Firma passt. Ich bin es nicht gewesen und das war mein Fehler. Ich konnte mich nicht anpassen, dieses muss ich wohl oder übel einräumen.
Zum Abschied sagt mir mein Chef, wer einmal geht, für den gibt es kein zurück. Das ist richtig und ich würde auch niemals zurückkehren. Die gleiche Einstellung habe ich auch. Wo ich einmal war und gescheitert bin, dahin kehre ich nicht zurück.
Ich habe auch immer gedacht, mein ehemaliger Chef im Westerwald sei einmalig gewesen, doch ich bin eines besseren belehrt worden. Ehrlich gesagt, der kann bei meinem Noch-Chef in Ausbildung gehen und vieles dazulernen. Alle Achtung, dass hätte ich nie geglaubt.
Zurückbleiben Menschen, die einem fehlen werden. Wir waren nicht immer einer Meinung, aber wir haben es geschafft, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Egal, mit wem ich gearbeitet habe, am Ende waren es alles tolle Kollegen, ob Fahrer, Verwaltung oder Platzarbeiter. Mein Noch-Chef meinte, ich wäre sicherlich gut als Disponent von Massengütern. Große Menge, große Aufträge das wäre was für mich. Industrie, Baustellenlogistik aber nicht Privatkunden und daran wäre ich gescheitert. In einem gewissen Punkt gebe ich ihm recht, ich bin daran gescheitert, weil ich einem Familienunternehmen gearbeitet habe und das Wort eines sogenannten Freundes mehr gezählt hat, als das eines Mitarbeiters. Egal, Schwamm drüber und nach vorne geschaut. Letztendlich wünsche ich allen meinen Kollegen – ich weiß, dass viele von Ihnen hier mitlesen – eine gute Zeit und viel Erfolg, Glück und Gesundheit für die Zukunft.
Denn Erfolg werden wir alle brauchen, um in dieser schwierigen Zeit zu bestehen.
Da man sich stets zweimal im Leben sieht, ist es nicht gut, wenn man mit der Faust in der Tasche und Wut im Bauch sein Bündel schnürt und weiterzieht. Deswegen habe ich auch lange überlegt, ob ich meine Gründe niederschreiben werde. Nach eingehender Überlegung bin ich halt zu dem Entschluss gekommen, dies zu tun und mir damit selber einzugestehen, dass ich hier gescheitert bin. Vielleicht, weil ich zuviel Ideen hatte und Dinge verändern wollte und es nicht geschafft habe, mir Gehör zu verschaffen, vielleicht aber auch, weil ein Widder stets mit dem Kopf durch die Wand will und mit einem Steinbock nicht richtig auskommen kann. So oder so, am 31. dieses Monats schließt sich endgültig dieses Kapitel und ich hoffe, dass alle Seiten in Zukunft glücklich, zufrieden und erfolgreich ihren weiteren Weg beschreiten werden. Auch wenn man auf dem Entsorgungsmarkt konkurriert, kann man in bestimmten Dingen zusammenarbeiten und muss nicht all das verteufeln, was der andere tut.
Ich habe mich auch brav von meinen Vorgesetzten verabschiedet und meine besten Wünsche für die Zukunft hinterlassen. Das ist keine Ironie, dass ist aufrichtig und ehrlich.
Es wird sicherlich einen Grund dafür geben, warum so viele Leute in diesem und in dem vergangenem Jahr wie ich dem Laden den Rücken gekehrt haben. Vielleicht, weil sie alle – meine Person eingeschlossen – sich geirrt haben. Aber Irren, ist ja bekanntlich menschlich und die wahre Größe misst man nicht in Zentimeter, sondern darin, wenn jemand sich und andere eingestehen kann, dass er Fehler und Macken hat und nicht Mr. Perfekt ist. Ich stehe zu meinen Fehlern und Lastern…
In diesem Sinne, ein paar stressfreie Tage bis zum Weihnachtsfest.
