Ich wünsche einen schönen Maifeiertag.
Kennen
Sie die heimliche Hymne des Ruhrpotts? Es ist das Steigerlied. Es
wird gerne bei verschiedenen Anlässen intoniert. Sei es als Einlaufmusik
bei den Königsblauen – die allgemein auch die Knappen genannt werden –
oder auf verschieden Veranstaltungen wie jetzt beim Maiabendfest. Beim
Einmarsch nach Harpen spielte es der ortsansässige Harpener Musikzug,
beim Auszug die Gerther. Das Steigerlied gehört zum Ruhrpott, wie die
Emscher und die Köttelbecke. Es wird auch noch gespielt werden, wenn die
letzte Zeche geschlossen und der letzte Schacht verfüllt worden
ist. Dem Nachwuchs wird es bereits in der Schule beigebracht und wer den
Text nicht kann, der summt ihn einfach mit.
Der
Ruhrpott als Schmelztiegel der Nationen ist ein starkes Stück
Deutschland und wer hier hinkommt, merkt sehr schnell, dass die Menschen
das Herz am rechten Fleck tragen. Auch wenn das Leben hier hektischer
und lauter ist, möchte ich meinen Ruhrpott um keinen Preis mehr
tauschen. Wer einmal weggegangen ist, wird feststellen, was er verloren
hat. Ich bin Ruhri mit Herz und Seele und ich stehe zu dieser Region,
wie ich auch zu meinen Königsblauen stehe. Auch wenn es eigentlich ein
No-Go ist, beim Pokalfinale in Berlin drücke ich den Zecken die Daumen,
denn der Pott gehört in den Pott!
Wenn
die Pläne meines Chefs zeitnah umgesetzt werden, dann werde ich
voraussichtlich ab nächste Woche in den Vertriebsinnendienst wechseln.
Einen kleinen Vorgeschmack habe ich gestern schon bekommen und ich muss
ehrlich gestehen, ich habe nix verlernt. Es ändert sich ansonsten nicht
viel, außer das ich meinen Schreibtisch räume, und jeder von den
Kollegen einen Platz aufrücken muss. Ansonsten bleibe ich als Backup für
meinen Kollegen, den ich aufgrund seiner langjährigen Zugehörigkeit als
unangefochtene Nummer eins sehe und ihn aus diesem Grund stetig zum
Chefdisponenten befördere, was er seinerseits allerdings nicht gerne
hört. Ehre, wem Ehre gebührt und wer solange sich diesen nervlichen
Streß aussetzt, der darf zurecht ganz vorne stehen. Er hat es sich
wahrlich mit seiner Gesundheit erkauft …
Auch
wenn ich auf zwanzig Jahre Berufserfahrung in der Entsorgung
zurückschauen kann, waren die letzten Jahre bei Hegewald im Westerwald
und der H&T in Kamen nicht annähernd so streßig wie das eine Jahr
hier bei der Mü-Go. Gut, ich hatte vorher auch „Streßtage“, aber die
wurden selten von der Kundschaft herbei geführt, sondern meistens von
der obersten Heeresführung künstlich erzeugt. Bei TVE war das alles
etwas anders, da war kein Tag normal, aber durch geschickte Planung
konnte man so manche Klippe umschippern. Aber hier kann man ja noch
einmal mehr planen … Was Morgens noch aktuell ist, ist keine Stunde
später Makulatur. Damit muss jemand, der eigentlich gerne plant,
organisiert und nichts dem Zufall überläßt, klar kommen. Aber auch das
funktioniert irgendwie.
Früher
bin ich nur selten vor dem Fernsehen eingeschlafen, aber heute vergeht
nicht ein Tag, wo ich nicht für ein paar Minuten wegnicke. Entweder
liegt das an dem miesen Programm oder einfach nur an den langen
Arbeitstag, in dem man von morgens um sieben bis siebzehn, achtzehn Uhr
ständig und ohne Pause unter Strom stehst. Da bleibt so manches Hobby
auf der Strecke und ich kann nur bewundern zu meiner jungen Kollegin
schauen, die neben dem Job auch noch ein Pferd hat, Sport treibt, Party
macht und nun ein Fernstudium begonnen hat. Damals, als ich in ihrem
Alter war, habe ich auch noch die Welt einreißen wollen, aber heute
begnüge ich mich damit, zu zuschauen, wie es die anderen für mich tun.
…und
dann beschäftigt mich natürlich weiterhin, fast ununterbrochen das
Thema Loyalität. Jemand, der mich mit warmen Worten zur Konkurrenz
wegloben will, beansprucht für sich, loyal der Firma gegenüber zu
stehen. Dabei hat er – egal ob gewollt und unbewußt – seinen Arbeitgeber
beinahe geschadet. Das er dann auch noch, nachdem er ausgeschieden ist,
stetig für sich proklamiert, er wäre ein loyaler Kollege, der nur zum
Wohl seines Arbeitgebers einsteht, dann gleicht soetwas doch schon einer
Verhöhnung. Solche Leute haben nichts in meiner Freundesliste bei
Facebook zu suchen, denn solche Freunde meinen es niemals ehrlich. Wer
soetwas als Freund bezeichnet, der braucht wahrlich keine Feinde mehr.
Aber
wie loyal ist ein Mensch, wie steht er hinter seiner Firma, hinter
seinen Aussagen? Ein Fußballspieler, der im überschwänglichen Jubel das
Vereinswappen auf seinem Trikot küßt und wenig später dann dem schmöden
Mamon wegen den Verein verläßt, ist der ehrenhaft und
aufrichtig? Jemand, der von morgens bis abends fair seinen Dienst
versieht, ist der integer? Darf nicht jeder sich auch mal hinterfragen,
ob das, was man täglich macht, auch für den Rest des Arbeitslebens das
Richtige ist? Oder ist man in diesem Moment, wenn man sich mit solchen
Gedanken befasst, ins Grübeln und Zweifeln kommt, nicht mehr
glaubwürdig? Manchmal habe ich das Gefühl, dass jeder Schritt, jede
Aussage die ich treffe, genau auf die Goldwaage gelegt wird, immer mit
der Aussage des Dritten im Kopf: Er ist loyal – ich bin es nicht.
In diesem Sinne wünsche ich noch einen erholsamen Feiertag und eine gute Restwoche.