Heute
einmal ein Update ganz außer der Reihe. Ich habe jegliches Zeitgefühl
verloren, denn seit gestern bin ich Patient im Augusta-Krankenhaus in
Bochum. Da lernt man plötzlich, was es bedeutet, Zeit zu haben. Du
lernst auch zu warten und du lernst, dass ein Krankenhausaufenthalt nix
mit Urlaub zu tun hat. Du kannst nicht ausschlafen, du hast nicht dein
eigenes Bad und du kannst nicht bestimmen, welches Fernsehprogramm
geschaut wird. Solange du nicht Privatpatient bist und davon bin ich
soweit entfernt, wie der Mond von der Erde, muss man sich
halt arrangieren. Da hast du alle Vorteile, aber als Kassenpatient
teilst du Dir ein 3-Bett-Zimmer, deine Leidensgenossen sind nett aber
trotzdem findest du nicht in den Schlaf, weil sie nachts unruhig sind
und du selber ständig Angst hast, dass man sich irgendeinen Schlauch
oder Zugang, der einem gelegt worden ist, rausreißt.

Mir
hat man ein Katheder gelegt und ich kann mich nur schwerlich daran
gewöhnen, mit so einem Ding zu schlafen oder den Tag zu verbringen.
Montag komme ich dann unters Messer. Vorher sind viele wichtige Dinge
besprochen worden, du musst bei jedem deine Unterschrift leisten, weil
sie sich alle absichern wollen. Ach ja und heute morgen war dann auch
noch der Seelsorge da. Ob es was zu besprechen gibt? Was soll es zu
besprechen geben. Das ich Angst vor der Narkose habe, dass ich Angst vor
der OP habe? Mir ist ganz flau im Magen und auch wenn ich jetzt daheim
an meinem Rechner sitze, weil man mich beurlaubt hat, denn mein für
heute geplanter OP-Termin wurde halt auf Montag verschoben – und was
soll ich im Krankenhaus dumm abhängen – die Schmerzen sind
allgegenwärtig, genauso wie der Katheder, den ich am Bein nun mit mir
rumtrage und den ich alle zwei bis drei Stunden leeren muss und halt die
Gewissheit, deine Freiheit endet wieder am Sonntag um 18.00 Uhr, denn
dann muss ich in der Klinik zurück sein. Erinnert mich einwenig an
Bundeswehr, weiß auch nicht, wie ich da jetzt auf einmal drauf komme.
Ist so ein Gefühl gewesen.

Ja
und Zeit hast du mit einem Mal. Ich habe an einem Tag die Hälfe von
Hapes Buch, „Ich bin dann mal weg,“ gelesen und werde mir für die
nächsten fünf Tage wohl eine dickere Leküre einpacken müssen.

Was
ich habe? Harnwegsentzündung der gemeinsten Art, die zu einer Verengung
der Harnröhre geführt hat. Erst habe ich ja auch einen harmlosen
Nierenstein getippt, der nicht abgehen will, mein Urloge meinte gar nur
eine Blasenentzündung. Aber wir beide lagen falsch und deswegen ging es
dann gestern schnurstraks aus seiner Praxis rüber ins
Augusta-Krankenhaus. Die sagten gleich, ich werde aufgenommen und ich
sage, dass kann ich mir nicht vorstellen, weil der Doktor doch meinte,
man könne es ambulant machen. Tja, nun weiß ich, dass es nicht so ist
und hoffe nun auf das Geschick meines Chirugen. Über die Nebenwirkungen
hat man mich ausreichend aufgeklärt, aber ich sehe nur das positive. Ach
ja, mein Bettnachbar meinte, immer nach vorne schauen und der spricht
aus der Erfahrung. Erst hatte der arme Kerl einen Gehirntumor und nun
Ärger mit der Prostata. Er hat uns übrigens die ganze Nacht über
wachgehalten, weil er so unruhig gewesen ist und ständig aufgestanden
ist, was auch die Nachtschwester und am Morgen das Pflegepersonal nicht
mehr so prickelnd fanden. Er hat erst einmal freundlich, aber mit
bestimmender Unterton gesagt bekommen, dass er sich an die Anweisungen
zu halten hat. Tja, aber wenn man nicht mehr liegen kann …

Ich
bin meiner Mutter zu tiefsten Dank verpflichtet. Ich kann momentan so
gut wie nix machen und sie kümmert sich um alles, was wichtig ist.
Kellerwoche, Flurwoche. Dabei hat sie mal gesagt, ich bin doch
eigentlich aus dem Westerwald zurückgekommen, um für sie da zu sein und
nicht umgekehrt. Aber nun muss sie schon zum zweiten Mal meine Pflegerin
spielen: Einmal wegen meinem kaputten Knie und nun wegen dieser
urologischen Sache. Tja, ich hoffe, ich habe damit erst einmal meine
Krankheiten für die nächsten Jahr aufgebraucht. Denn kranksein ist
wirklich zum kotzen, da ist selbst die Maloche erholsamer.

Alle
Dinge, die mich in den letzten Tagen und Wochen beschäftigt haben, sind
erst einmal in den Hintergrund getreten. Denn im Krankenhaus hat man –
wie ich es nicht oft genug erwähnen kann – jede Menge Zeit und man macht
sich über alle möglichen und unmöglichen Dinge einen Kopf. Und dann das
Essen … Hüllen wir erst einmal den Mantel des Schweigens darüber.

In diesem Sinne ein schönes Wochenende.