Als ich die Eintrittskarten für die Vorstellung am 30.12.2013 gekauft habe, dachte ich mir erst gar nichts dabei. Doch in den Tag vor der Aufführung viel es mir siedendheiss wieder ein – halb Deutschland hatte an diesem Montag wahrscheinlich frei und würde sich in der Essener Innenstadt zum Shopping und umtauschen versammeln.
Na ja, halb Deutschland war es nicht, aber meine Befürchtung, dass es sehr eng mit dem Parken am Theater werden könnte, war nicht unbegründet. Ganze 20 Parkplätze waren noch frei, als ich ins Parkhaus fuhr. Und diese 20 Leute standen bereits hinter mir in der Zufahrt zum Parkhaus. Ich hatte mich dadurch vorgedrängelt, weil ich in der Ampelphase gerade noch bei lila mit rüber gehuscht bin. Ansonsten wäre ich der 21 in der Schlange gewesen und damit ohne Parkplatz. So traf halt jemand anderes …
Vor dem Theater zeigte ich mich bei einem Sandler noch großzügig und ergänzte den fehlenden Betrag für ein Schlafquartier im Obdachlosenasyl. Aber das nur am Rande…
Kommen wir zum eigentlich Thema dieses Blogs: Die Schöne und das Biest.
Aufführung der deutschsprachigen Produktion durch das Budapester Operetten- und Musicaltheaters. Diese sind in den Wintermonaten und zur Sommerzeit mit der Tourneeversion des Disney Musicals in verschiedenen Städten in Deutschland, Österreich und der Schweiz unterwegs. Nachdem Sie bereits in Hamburg, Köln und Bern die Herzen im Sturm eroberte, machten sie sich nun im Ruhrgebiet auf, dieses hier im Colosseum Theater ebenfalls zu vollbringen.
Das Theater war an diesem Abend bis auf den letzten Platz gefüllt – Ausverkauft!
Wer die Aufführung bereits in Oberhausen, Stuttgart oder Wien gesehen hat, wird gleich von Anfang an die Unterschiede festgestellt haben. Zu Beginn der Bühnenfassung der Stage bzw. der Vereinigten Bühnen Wiens kam die Erzählung wie im Kinofilm vom Band bzw. wurde auf die Leinwand projiziert. Es wurde erläutert wie aus dem hartherzigen Prinzen ein Ungeheuer wurde und das alle Mitglieder des Hofstaates welche in dem Schloss beherbergt waren, mit ihm verwandelt wurden.
In der Tourneeaufführung eine neue Sequenz: Eine Mutter betritt mit Ihrem kleinen Sohn die Bühne – der Kurze winkt verlegen dem Publikum zu und dann setzen sich beiden an der Rand zum Orchestergraben und sie fängt an, aus einem Märchenbuch vorzulesen. Im Hintergrund verändert sich das Bühnenbild, ein halb geöffnetes Tor zum Schloss steht mitten auf der Bühne und die Mutter und der Sohn gehen durch dieses Tor zum Schloss. Damit beginnt das Musical. Die Mutter wurde zur Madame Pottine, der kleine Junge zum Tassilo.
Die Bühnenausstattung war im Vergleich zur festinstallierte Fassung eher schlicht, aber trotzdem sehr ansprechbar. Das Schloss wurde anhand einer speziellen Bühnentechnik immer wieder so gestellt, wie es die Szenen vorgaben. Alle Details vom Turmzimmer bis zur Bibliothek waren vorhanden. Das Kellerverlies, wo Belles Vater eingesperrt wurde, war ein Käfig, die Wärter Steinfiguren, die man sich wohl kurzerhand beim Glöckner ausgeliehen hatte. Ich konnte mich nicht daran erinnern, bei der Europapremiere in Wien solche Steinfiguren gesehen zu haben.
Auch wenn die Darsteller allesamt aus Ungarn stammten, sangen Sie Deutsch mit Akzent. Der kleine Tassilo – er mag acht Jahre alt gewesen sein – verwechselte vor Aufregung Deutsch und Ungarisch, was die Sache allerdings noch liebenswürdiger machte.
Die Show war sehr gut, die Stimme der Hauptdarsteller top. Die Kostüme nicht so prunkvoll und bunt wie in den anderen Disney Aufführungen, allerdings funktional und nicht so übertrieben, wie ich es aus Wien kannte. Die Bürger des kleinen Dorfes schlicht angezogen, halt so wie man sich einfache Leute vorm Dorf vorstellt, Gaston komplett in Leder und nicht mit übertriebenen Muskelpaketen behaftet, Belle hinreißend wie man sie aus dem Zeichentrickfilm kannte und das Biest wie im Original. Bei Tassilo hat man auf den Wagen verzichtet, mit dem ja der kleine Junge von seiner Mutter durch die Gegend geschoben wurde. Dafür bekam er eine Tanzeinlage, etwas unsicher, aber trotzdem gut.
Das Ensemble hervorragend, bei manchen sportlichen Einlagen überlegte man sich, ob diese Darsteller auch an den olympischen Sommerspielen im Bodenturnen teilnehmen würden.
Das Publikum am Anfang ein wenig müde, ging kaum mit. Viele störten sich an dem Akzent, aber ich muss gestehen, mir gefiel es und ehrlich gesagt, wenn ich so gut Ungarisch könnte, wie die auf Deutsch gesungen haben, dann wäre ich sicherlich sehr zufrieden.
Der Knoten platze bei „Sei hier Gast“ und von da an, ging das Publikum mit. Bis zum Schluss…
Am Ende der Vorstellung stand das gesamte Theater auf. Rauschender Applaus und Standing Ovation bereits nach dem ersten Aufzug des Vorhanges – alle Achtung! Das habe ich in meinen gesamten Musicalbesuchen noch nie erlebt. Okay, am Ende standen sie eigentlich immer alle, aber hier wurde gleich von Anfang an den Darstellern gezeigt – wie beeindruckend ihre Leistung war. Dafür Daumen hoch!
Sehr beeindruckend auch die Rückverwandlung vom Biest in einen Menschen. Der Hauptdarsteller muss schwindelfrei sein, denn er wurde hoch über der Bühne mehrfach um seine eigene Achse gedreht und zog sich dabei noch um.
Ebenfalls top: Lumiere und Herr von Unruh. Die beiden trugen mit ihren Witz und ihre Sticheleien die gesamte Vorstellung.
Kleiner Wermutstropfen: Es lag am Abend der Vorstellung kein Begleitmaterial über Besetzung aus, aus dem Programmheft musste man sich die Darsteller des Abends quasi heraus puzzeln.
Fazit: Ein rundum gelungener Abend mit einer Aufführung, die sich trotz kleiner Schwächen im Bühnenbild keineswegs vor den großen in Wien, Oberhausen oder Stuttgart verstecken muss. Jeder, der die Gelegenheit nutzen möchte, Ende Juli 2014 gastiert die Truppe in Hannover und zum Ende des Jahres in München.
Weitere Informationen gibt es unter www.die-schoene-und-das-biest-musical.de.
Ach ja das Ende, vor dem Finale kamen die Mutter mit ihrem Sohn wieder auf die Bühne und schloss das Märchenbuch. So gehört es sich auch!
Also ein absolutes MUSS für alle Musical-Fans oder solche, die es mal werden wollen!
Ein unvergesslicher Abend durch eine grandiose Aufführung! Echt geil!!!