Wenn Crange und das Oktoberfest Bundesliga im Bereich der Kirmesveranstaltungen in diesem Land sind, dann ist der Bottroper Rummel noch nicht mal mehr Oberliga. Es ist eine nette Familien-Kirmes, mehr aber auch nicht.

Im Herbst treffen sich dann in Bottrop all die Schausteller, die woanders entweder nicht untergekommen sind, oder aus Tradition der Michaeliskirmes verbunden sind.

Auch dieses Jahr versammelten sich zwischen Berliner Platz und Pferdemarkt sieben Großfahrgeschäfte, dazu ein paar Kinderkarussells und jede Menge Buden. Allerdings seit dem Umbau des Berliner Platzes und dem Wegfall des Platzes hinter dem Hallenbad, der für den neuen Kaufland geopfert werden musste, wirkt die Kirmes irgendwie zerrissen. Auch wenn man in diesem Jahr versucht hat, die Verbindung zwischen Altmarkt und Berliner Platz mit Buden herzustellen. Es bleibt trotzdem nur bei einem Versuch.

In Bottrops neuen Wohnzimmer, dem Berliner Platz findet man direkt am Kaufland den Autoscooter von Petter, der Musikcenter Musik-Express“ und nach vielen Jahren mal wieder ein Kettenkarussell, den Wellenflug. Auf dem Altmarkt steht der altbekannte „Twister“ bei vielen auch nur als Airlift in Erinnerung, der meiner Meinung nach auch nur noch zur Herbstkirmes anreisen darf, als Lückenbüßer sozusagen, denn bei den letzten beiden Rosenmontagskirmessen fehlte er und wurde durch eine von diesen Höher, Weiter, Schneller-Attraktion ersetzt.

Zu Beginn der Osterfelder Strasse trifft man dann im Kreuzungsbereich zur Kirchhellener Strasse das bekannte Kinderkarussell „Enterprise“ das seit dem ich diese Kirmes besuche – und das ist schon verflucht lange – dabei ist. Traditionell kauft man sich eine Wurst bei Christas Grill, ein Kinderkettenkarussell im weiteren Verlauf der Osterfelder Straße, ein fliegender Bus für Kids und Trampolinspringen für die gesamte Familie decken den Unterhaltungsbedarf auf dem Weg vom Berliner Platz zum Pferdemarkt ab. Dazu natürlich Bude an Bude. Wurst, Pizza, Süßigkeiten, Pfeilwurf, Losbude. Vor der Sparkasse trifft man dann auf den Breakdancer, dem doppel Dumper und einem Scheibenwischerfahrgeschäft, der Shaker und dem letzten Kinderkarussell. Fliegende Händler die T-Shirts und Schmuck verkaufen wollen, runden das Angebot ab.

Fazit: Wer Attraktionen sucht, der ist in Bottrop an der falschen Adresse. Allerdings wer einen kleinen beschaulichen Rummel liebt und mit Kindern unterwegs ist und sich nur mal so kräftig durchwirbeln lassen möchte, für den ist Bottrop genau richtig. Hier kommen die Kleinen und auch die Großen besonders auf ihre Kosten, wenn sie keine großen Ansprüche stellen. Die Preise sind zivil, obwohl die Stadt Bottrop die Schausteller doch gewaltig mit einer hohen Standmiete zur Kasse bittet. Vielleicht ist dies auch ein Grund, der viele Schausteller einen Bogen um die 120.000 Einwohner zählende Stadt im Herzen des Kohlenpotts machen läßt. Hohe Standmieten scheut das fahrende Volk, wie Teufel das Weihwasser …

Die Kirmes ist seit Freitag, dem 29.09.2012 geöffnet und endet am Montag, 01.10.2012. Die Öffnungszeiten sind täglich von 14:00 – 22:00. Am Sonntag ist der traditionelle Michaelismarkt, mit verkaufsoffenen Sonntag.

Früher, zu meiner Kindheit war die Kirmes noch der Knaller. Damals, bevor alles zugebaut worden ist. Hinter dem Hallenbad und dort wo jetzt ein Hotel steht, stand so manches Großfahrgeschäft und sogar einmal eine Achterbahn, der Katapult. Wer kann sich nicht an Polyp, Halli Gully, Enterprise und Geisterbahn erinnern. An das Schieben und Gedränge zwischen dem katholischen Gemeindehaus und dem Hallenbad. Dort standen die großen Losebude, wo ich so manches Stofftier abgeräumt habe. Bei dem Gedanken daran wird man wehmütig, vor allem wenn man sieht, was aus dieser Veranstaltung, dem ich als Kind genauso wie Weihnachten entgegen gefiebert habe, geworden ist. Schade eigentlich. Aber auch hier in Bochum ist es nicht anders. Die Kirmes auf der Castroper Strasse ist ein Witz, dass ist wirklich untere Kreisklasse …

Der Zerfall der Bottroper Kirmes begann schleichend. Erst wurde die Fläche an der Hauptpost zugebaut, ohne das Ersatzflächen geschafft wurden, Jahre später opferte man den Platz am Katholischen Gemeinschaftshaus für ein Hotel und später wunderte man sich, dass die großen Attraktionen einen Bogen um Bottrop machten. Anders ist es, wenn die Rosenmontagskirmes ansteht. Das ist der Beginn für eine neue Schaustellersaison und hin und wieder verirrt sich dann auch mal eine Neuheit in die Ruhrgebietsstadt mit Herz.

Mir persönlich reicht die Kirmes und so manche Eltern können tagsüber ihren Nachwuchs auch mal allein über den Festplatz streunen lassen, ohne Angst zu haben, dass er verloren geht. So sieht man viele Kid und Jugendliche , die sich ohne ihre Eltern Vergnügen und das Kirmesgeld der Großeltern, das Taschengeld oder Erspartes für eine rasante Fahrt im Breakdancer oder auf dem Autoscooter mit vollen Händen ausgeben. Aber es gibt auch immer einen, der zwar mit den Freunden über den Festplatz zieht, dann aber vor den Fahrgeschäften stehenbleiben muss und als Kleiderständer missbraucht wird, weil ihm einfach das Fahrgeld fehlt.

Übrigens: Du weißt, dass du aus Bottrop bist, wenn Du dich noch an die großen Kirmes aus den späten Siebzigern erinnern kannst …